Jesus als Pädagoge - Vorbild mit Perspektive Ewigkeit
von Henrik Mohn
Von Hartmut Jaeger und Henrik Mohn
Im Laufe dieses Jahres wurden Aspekte des pädagogischen Handelns Jesu Christi beleuchtet. Themen wie Jesu geistliche Prägung, sein erzieherisches Handeln und seine Brückenbauertätigkeit als Erzieher, der den Einzelnen im Blick hat, standen im Fokus. In dem abschließenden Beitrag der Serie steht Jesu pädagogisches Handeln als Vorbild mit einer klaren Zukunftsaussicht im Zentrum.
Der Autor des Hebräerbriefes schreibt über Jesus Christus: „Gedenkt an den, der so viel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat, dass ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst“ (Hebräer 12,3). Unumstritten ist, dass Jesus Christus in sich mehr als nur Eigenschaften vereinigte, die man von einem guten Pädagogen erwartet. Er repräsentiert die Lehrereigenschaften in so vollkommener Weise, dass nicht nur Wünsche offenbleiben, sondern dass der göttliche Auftrag sich in ihm in so vollkommener Weise darstellt, dass alle, die ihm begegnen, überrascht sind – auch heute noch – und unbegrenzt von ihm lernen können, trotz Widerstand.[1]
1. Gottes Reich als Puzzleteile
Was machte diese Anziehungskraft aus? Die Lehre Jesu hatte Format, d. h. Jesus sprach so, dass seine Zuhörer hinterher wussten, was sie gehört hatten, auch wenn sie es nicht vollumfänglich im Moment der Belehrung verstanden. Der Herr überforderte seine Zuhörerschaft nicht, als er ihnen die Lehre über das zukünftig anbrechende Reich Gottes vorlegte. Mit nicht endender Geduld lehrte Jesus seine Jünger und Zuhörer, wohl wissend, dass sie den Inhalt zu seinen Lebzeiten nicht in das Gesamtbild einzuordnen vermochten. Auf immer neuen Wegen führte er seine Schüler an das Reich Gottes und dessen Inhalt heran, sodass ihre Neugierde darauf geweckt wurde. Nicht umsonst fragten sie: „Wer ist dieser?“ (Lukas 8,25). Schließlich stellte der Herr sich nicht vor seine Jünger mit der Aufforderung hin: „Hört mal alle zu, hier spricht der Messias!“ Er ging ganz anders vor. Behutsam, fürsorglich und Stück für Stück eröffnete er ihnen die einzelnen Puzzleteile, die zur messianischen Botschaft vom Reich Gottes gehören. Den Transfer aus dem Vorgelegten überließ er schlussendlich ihnen. Bei alledem hatte der Herr einen langen Atem.
2. Pädagoge mit Weitsicht
Drei Jahre Lehrzeit benötigten die Jünger, an deren Ende sie scheinbar um nichts klüger waren als am Anfang. Der Herr wusste aber, dass seine scheinbare Niederlage am Kreuz und die daraus entstehende Niedergeschlagenheit seiner Schüler aufgehoben werden würde durch seine Auferstehung und die Sendung des besten Nachhilfelehrers, den Heiligen Geist. Die Früchte seines Wirkens reiften erst nach seinem Weggang. Wie gut kann man diese Situation nachempfinden. Jahrelang wurden Heranwachsende begleitet, bekräftigt und bestärkt, doch am Ende durfte man unter Umständen wenig von den Früchten sehen. Wie hält man so eine „Erfolglosigkeit“ nur aus? Blicken wir wieder auf Jesus, den Pädagogen mit Weitsicht. „Was ich von ihm gehört habe, das rede ich“ (Johannes 8,26). Aufgrund seiner Abhängigkeit und Verbundenheit mit Gott, dem Vater, konnte er die vermeintliche „Erfolglosigkeit“ aushalten. Der Grund dafür ist folgender: „Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, der, obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete und die Schande gering achtete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes“ (Hebräer 12,1-2). Der Herr wusste, was auf ihn zukommen würde, nachdem er das Tal des Todes durchschritten hatte. Die enge Beziehung zu Gott, seinem Vater, bekräftigte seine Lehren, schenkte ihm Trost und ließ ihn unaufhaltsam den Plan Gottes ausführen. So erhielt er ein ausgewogenes Selbstbewusstsein, denn Jesus wusste, wer er war. Dies alles wurde durch die Perspektive der Ewigkeit noch unterstützt. Seine Weitsicht darf zum irdischen Mutmacher im Hier und Heute werden. Als guten Erzieher kennzeichnete ihn nämlich das Wissen darum aus, dass die momentane Erfolglosigkeit nicht das letzte Wort hat und dass die Fähigkeit, loslassen zu können, eine unabdingbare Notwendigkeit für jeden Pädagogen ist.[2]
3. Befreit zur Gelassenheit
Mit dem Loslassen ist das so eine Sache. Bei allem pädagogischem Handeln bedarf es der Leitung durch ihn. Jesus, der Herr, muss in uns die Einsicht wecken, dass wir nur durch ihn vorbildlich handeln und leben können. Dies kann nicht aus uns selbst, autonom oder aus „freiem Triebe“ kommen. Es bedarf der Leitung meines Verstandes durch den Heiligen Geist. Im bewussten Gegensatz dazu steht die Anmaßung der Aufklärung, sich des Verstandes ohne fremde Leitung zu bedienen. „Nicht dass wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zuzurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott“ (2. Korinther 3,5).
Diese Gelassenheit und innere Ruhe zeichnete auch Jesus Christus aus. Und so manch einer erinnert sich an das Sprichwort: „Gott weiß alles, die Lehrer wissen alles besser.“ Hier schlägt ein falsches Berufsbild durch. Jesus Christus trat nicht mit dem Anspruch auf: „Ich als Messias …“, sondern er tat nur das, was der Vater ihm zeigte. Die ewige Perspektive stärkte ihn.
Angesichts der Hochstilisierung des Pädagogenberufs bei gleichzeitiger Enttäuschung in der Praxis mag dies auf den ersten Blick nicht befreiend wirken. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass das Vorbild Jesu die Pädagogen von falschen Anforderungen an sich selbst, ihre Schüler und deren Eltern befreit. Gottfried Meskemper trifft den Nagel auf den Kopf: „Man muss nicht sein, der man nicht sein kann.“[3]
4. Vom Vorbild lernen
Entgegen der landläufigen Meinung, man brauche nur genügend richtige pädagogische Theorie oder einen breitgefächerten Methodenvorrat und das feste Vertrauen auf die Wissenschaft, um richtig lehren zu können, gilt schlicht und einfach: All diese Konzepte verblassen sehr schnell angesichts der Alltagswirklichkeit.
Eine integre Lehrerpersönlichkeit schafft nur das Vorbild Jesu und die Bereitschaft, auf die Einbildung zu verzichten, man werde es mithilfe der Didaktik, Digitalisierung, Ideologisierung usw. schon schaffen. In dem Maße, wie wir ihn in uns wirken lassen, gibt er uns die Freiheit zum Handeln.[4]
Jesus Christus hat dem hohen Erwartungsdruck, der von allen Seiten auf ihm lastete, standgehalten, da er die Perspektive Ewigkeit besaß. Was gilt es festzuhalten?
Jesus Christus ist das größte Vorbild, weil er
- Wert auf Transparenz legte,
- eine klare Botschaft hatte,
- in Leben und Lehre übereinstimmte,
- in Abhängigkeit vom Vater lebte,
- anschaulich unterrichtete,
- Beziehungen pflegte,
- ermutigte, warnte und differenzierte,
- den Blick vom Hier und Jetzt auf das weitaus Größere richtete.
So ist die Beschäftigung mit Jesus Christus eine besondere Kraftquelle auf allen Ebenen. Er ist Vorbild und Hilfe gleichermaßen. Die Beschäftigung mit ihm verändert, sodass Gott durch die pädagogische Arbeit an jungen Herzen wirken kann.
Hartmut Jaeger, Jg. 1958, ist verheiratet, Vater von drei Töchtern, ausgebildeter Lehrer, Geschäftsführer bei der Christlichen Verlagsgesellschaft in Dillenburg und Referent und Autor.
Henrik Mohn ist Realschullehrer an der Freien Evangelischen Schule Böblingen. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Anmerkungen:
[1] Vgl. Meskemper, G. (1988): Jesus der Lehrer: sein Vorbild für die Vorbilder der Gegenwart, Hänssler, S. 14.
[2] Vgl. Meskemper, S. 16.
[3] Ebd. S. 19.
[4] Ebd. S. 19.